HINWEIS ZUR UMLEITUNG

NR. 9 - BEATMUNG UND INTENSIVPFLEGE

Für Familie, Freunde, Nachbarn ist es eine unvorstellbare Herausforderung, wenn es um einen Menschen geht, der beatmet ist und dadurch evtl. intensive Pflege benötigt. Pflegebedürftigkeit entsteht aufgrund von Krankheit, Behinderung und/oder altersbedingt und beeinflusst die selbstständige Bewältigung des All-tags. Das bedeutet, dass Pflege oder Hilfe durch andere ermöglicht werden muss.

WAS FÜHRT ZU EINER BEATMUNGSSITUATION?

Eine Reihe von Erkrankungen können plötzlich (akut) oder im Verlauf (chronisch) zu einer Beatmungssituation führen und eine Intensivpflege notwendig machen. Dazu gehören z. B. die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), wiederkehrende Infektionen der Atemwege, Folgen einer Blutvergiftung (Sepsis), Erkrankungen des Gehirns, wenn dies durch Unfall, Schlaganfall, Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Tumore schwer geschädigt wurde (Zustand reaktionsloser Wachheit oder apallisches Syndrom), degenerative Erkrankungen, wie die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), erblich bedingte Abnahme von Muskelgewebe, Querschnittslähmung oder Tumorerkrankungen. Sowohl die Ursache als auch die Vorhersage des wahrscheinlichen Krankheitsverlaufs (Prognose) haben Einfluss auf den Beatmungszugang, die Beatmungsform und die weitere medizinisch-pflegerische Versorgung.

WELCHE FORMEN DER BEATMUNG GIBT ES?

Ein Beatmungsgerät kann die Atmung entweder vollständig übernehmen oder die vorhandene (eingeschränkte) Atmung unterstützen. Bei der außerklinischen Langzeitbeatmung (LZB) werden zwei Beatmungszugänge unterschieden. Zum einen die nicht-invasive Beatmung, die über eine sogenannte Beatmungsmaske, die entweder den Mund, die Nase oder Mund und Nase umschließt, sichergestellt wird. Zum anderen die invasive Beatmung. Der Begriff invasiv bedeutet "eindringend" und meint, dass diese mittels eines künstlichen Zugangs über eine Öffnung im Hals zur Luftröhre (Tracheostoma) erfolgt. Ein Tracheostoma ist ein Luftröhrenschnitt, bei dem mittels operativen Eingriffs durch einen Einschnitt in die Luftröhre die Atmung/Beatmung sichergestellt werden kann.

WIE LANGE KANN EINE BEATMUNG DAUERN?

Die Beatmungsdauer pro Tag hängt von der Grunderkrankung, der noch vorhandenen eigenen Atmung und der ärztlichen Anordnung ab. Die Gesamtzeit der Beatmungstherapie im Krankheitsverlauf ist von Fall zu Fall sehr verschieden und lässt sich nicht vorhersagen. Sie kann über Tage, Wochen, Monate oder Jahre dauern. Bei fortschreitenden Krankheiten kann sie die Begleitung bis zum Lebens-ende bedeuten. In Abhängigkeit der Erkrankung ist auch nach einer längeren Zeit eine Entwöhnung (Weaning) von der Beatmung möglich.

WO KANN BEATMUNG STATTFINDEN?

Die Beatmungssituation beginnt im Krankenhaus. Deshalb muss vor einer geplanten Entlassung entschieden werden, wie die weitere Versorgung stattfinden kann. Dies hängt von der Grunderkrankung und Prognose ab, aber auch von anderen Faktoren. Eine Versorgung zu Hause (sog. Heimbeatmung, auch außerklinische Beatmung) ist möglich, bedarf aber einiger Voraussetzungen und Überlegungen. Voraussetzungen sind unter anderem, dass es unterstützende Angebote professioneller Hilfe vor Ort gibt. Darüber hinaus spielt das Wohnumfeld eine Rolle, z. B. ob für die Versorgung eine Wohnung, ein Ein- oder Mehrfamilienhaus, ein Fahrstuhl zur Verfügung steht. Auch die Größe der Räumlichkeiten ist relevant für die direkte Pflege, Gerätschaften, Verbrauchsmaterialien und für die professionellen Pflegepersonen.

BEATMUNG BEDEUTET HÄUSLICHE INTENSIVPFLEGE

Für die Versorgung zu Hause sind, neben dem Wunsch des Betroffenen, folgende Überlegungen für die pflegenden An- und Zugehörigen unerlässlich. Die Pflege und Betreuung ist besonders anspruchsvoll, weil zum einen besondere Hygienemaßnahmen erforderlich sind, der Umgang mit Geräten und ein souveränes Verhalten im Notfall gelernt werden muss. Zum anderen tragen eine Verunsicherung durch die Abhängigkeit von medizintechnischen Geräten und die immer wiederkehrende Sorge um deren einwandfreie Funktionstüchtigkeit zu einer anhaltenden Ausnahme- und Belastungssituation bei.

WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE HÄUSLICHE PFLEGE?

Die Anwesenheit einer spezialisierten professionellen Pflegeperson vermittelt Sicherheit, dass die Geräte souverän bedient werden und dass in einem eventuellen Notfall zügig und fachkundig reagiert wird. Sie bedeutet aber auch eine kontinuierliche spezielle Krankenbeobachtung, die beim Auftreten lebensbedrohlicher Situationen ein unmittelbares Handeln (Interventionsbereitschaft) auslöst. Gleich-zeitig bedeutet es, dass immer jemand, der nicht zur Familie gehört, anwesend ist. Dies kann die Privatsphäre erheblich einschränken und den persönlichen Rückzugsort, der als Kraftquelle unverzichtbar ist, beeinträchtigen.

Das private Umfeld verändert sich auch dahingehend, weil für ausreichend Platz für die lebenserhaltende Technik, Notfallersatzgeräte, die Lagerung von Verbrauchsmaterialien und notwendigen Pflegehilfsmitteln gesorgt sein muss.

Diese Situation kann mit einer hohen psychischen Anforderung einhergehen. Daher ist es unerlässlich, bei der Entscheidung für eine Beatmung in der Häuslichkeit die-se Aspekte mit allen Beteiligten zu bedenken und sich im Vorfeld unabhängig beraten zu lassen.

Erfahren Sie mehr auf dem PfiFf-Themenblatt Nr. 9a.