HINWEIS ZUR UMLEITUNG

NR. 13C - WISSENSWERTES ZU MEDIKAMENTEN – SUCHT

Sucht (= Abhängigkeit) ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Krankheit – dennoch ist Sucht schambesetzt und gesellschaftlich tabuisiert. Betroffenen Menschen, deren An- und Zugehörigen sowie Außenstehenden fällt es häufig schwer, riskanten oder abhängigen Konsum offen anzusprechen, weil sie sich nicht sicher sind, ob ihre Vermutung zutrifft und ob es ihnen überhaupt zusteht, sich einzumischen.

DIE STILLE SUCHT

Wie auch Alkohol, Nikotin und andere Drogen können bestimmte Medikamente körperlich (physisch) und seelisch (psychisch) abhängig machen. Der Übergang von einem regelmäßigen Gebrauch, z. B. von Schmerzmedikamenten und Schlafmitteln, zu einer Abhängigkeit, bei der es sehr schwerfällt, ohne das Medikament zu leben, kann fließend sein. Weil sie meist lange unauffällig verläuft, wird Medikamentenabhängigkeit auch die „Stille Sucht“ genannt. Kurzfristig erleichtern bestimmte Medikamente zwar den Alltag, aber längerfristig kommt es zur Abnahme geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit. Ein Entzug vom Medikament kann für alle Betroffenen sehr anstrengend sein, ist jedoch in jedem Alter (auch in höherem Alter) erfolgreich möglich!

Pflegende An- und Zugehörige leiden indirekt unter einem solchen problematischen Konsumverhalten. Ihr Alltag wird zusätzlich von den Begleiterscheinungen bestimmt, die eine Sucht mit sich bringt. Diese Herausforderung kann die Pflegebeziehung zusätzlich belasten.

UMSTÄNDE UND RISIKEN FÜR EINE MEDIKAMENTENABHÄNGIGKEIT

Sucht entsteht insbesondere durch die jahrelange unkritische Einnahme bestimmter Schmerzmedikamente und/oder Schlaf- bzw. Beruhigungsmittel. Meist liegt zunächst ein Behandlungsanlass vor, wie z. B. Schmerzen, Schlaflosigkeit oder Angstzustände. Manchmal werden Medikamente allerdings dauerhaft eingenommen, obwohl der eigentliche Grund der Verordnung nicht mehr besteht (z. B. nach Krankenhausaufenthalt, besonderen Lebensereignissen …).

Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie von einem Medikament abhängig sind. Erst wenn sie es weggelassen, stellen sich körperliche und psychische Entzugserscheinungen ein. Diese werden dann meist als Fortbestehen der Beschwerden, die zu der Einnahme geführt haben, gedeutet und bestärken sie darin, das Medikament weiter einzunehmen (das Phänomen der „Niedrigdosisabhängigkeit“).

Aber auch Faktoren wie Vereinsamung, Verlust von Tagesstruktur, ein problematischer Lebensrückblick oder zunehmende Immobilität können dazu führen, dass Menschen Medikamente missbräuchlich einsetzen. Häufige Gründe dafür sind (der Wunsch nach) Verdrängung, um bestimmte Gefühle zu betäuben, oder der Erhalt der Leistungsfähigkeit.

Die damit verbundenen Nebenwirkungen können großen Einfluss auf den körperlichen und seelischen Gesundheitszustand haben: Interessensverlust, Stimmungsschwankungen, Gedächtnisstörungen, nicht selten kommt es zu Gangunsicherheit und Stürzen und weiteren Komplikationen.

WAS SIND ANZEICHEN EINER MEDIKAMENTENABHÄNGIGKEIT?

Fortgeschrittener missbräuchlicher oder abhängiger Medikamentenkonsum kann sich auf verschiedene Weise zeigen. Folgende Aussagen können helfen, den Medikamentengebrauch einzuschätzen:

  • Ich kann mir nicht vorstellen, einige Zeit auf „mein“ Medikament zu verzichten.
  • Ich habe mir einen kleinen Vorrat meines Medikaments angelegt, das beruhigt mich.
  • Ich merke, dass ich die Dosis langsam steigere, aber die Beschwerden werden nicht weniger.
  • Mir ist es unangenehm, über meinen Medikamentengebrauch offen zu sprechen.

Trifft mindestens eine dieser Aussagen zu, empfehlen wir Ihnen, sich Rat zu suchen.

WAS HILFT?

Mögliche Entzugssymptome beim Absetzen eines Medikaments sind:

z. B. Zittern, Schwitzen, Herzrasen, Unruhe, Angstzustände, depressive Verstimmungen, Halluzinationen, Krämpfe, Konzentrationsstörungen, Sprechstörungen, Gangunsicherheit, wiederholte Stürze, sozialer Rückzug, Interessenlosigkeit

Der Erfahrung nach ist ein erster wichtiger Schritt, das Thema anzusprechen:
  • beobachtete Auffälligkeiten offen ansprechen, ohne diese zu dramatisieren oder zu verharmlosen
  • äußern von Verständnis für die Situation, aber auch Sorge
  • professionellen Rat einholen, ob ein Medikament noch medizinisch sinnvoll ist oder die Nebenwirkungen überwiegen

Sollten weiter Unsicherheiten bestehen, was zu tun ist, gibt es die Möglichkeit regionale Beratungs- und Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen, z. B. im Land Berlin über die Fachstelle für Suchtprävention.

Erfahren Sie mehr zum Thema auf den PfiFf-Themenblättern Nr. 13, 13a, 13b und 13d.

Fachliche Beratung: Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH

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