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DEMENZ

WAS IST DEMENZ?

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen des Gehirns, die unterschiedliche Ursachen haben können. Bei einer Demenz kommt es zu einer chronisch fortschreitenden (degenerativen) Veränderung des Gehirns, die mit einem Verlust bereits erworbener geistiger (kognitiver) Fähigkeiten einhergeht. Dieser Verlust beeinträchtigt die Alltagskompetenz und wirkt sich auf viele Bereiche des Bewusstseins aus, wie zum Beispiel Wahrnehmung, Wiedererkennung, Erinnerung, Schlussfolgern, Urteilen und Denken. Die Einschränkungen müssen mindestens sechs Monate bestehen und so ausgeprägt sein, dass gewohnte Alltagstätigkeiten nicht mehr wie zuvor ausgeübt werden können.

WIE ENTSTEHT DEMENZ?

Demenz entsteht durch Schäden im Gehirn, die verschiedene Ursachen haben können, zum Beispiel Durchblutungsstörungen, Erkrankungen wie Alzheimer oder andere Hirnkrankheiten. Diese Schäden führen dazu, dass Nervenzellen absterben und die Kommunikation im Gehirn gestört wird. Dadurch verlieren Betroffene nach und nach ihre geistigen Fähigkeiten.

WELCHE VERSCHIEDENEN DEMENZFORMEN GIBT ES?

Primäre Demenz: Hier ist das Gehirn direkt erkrankt. Die Alzheimer-Erkrankung und die vaskuläre Demenz (durch Veränderungen der Blutgefäße verursacht) gehören zu den häufigsten Formen. Seltener treten Demenzen bei Parkinson, die Lewy-Body-Demenz und die frontotemporale Demenz (betroffen sind die Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns) auf.

Sekundäre Demenz: Diese Form kann teilweise oder ganz geheilt werden, da die Ursache behandelbar ist. Beispiele sind bestimmte Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder ein Vitamin-B12-Mangel.

Mischformen von Demenz: Zum Beispiel eine Kombination aus vaskulärer Demenz und Alzheimer-Erkrankung.

WAS SIND RISIKOFAKTOREN?

Die Wahrscheinlichkeit, im Alter eine Demenz zu entwickeln, die durch Durchblutungsstörungen verursacht wird, wird durch folgende Faktoren erhöht:

  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
  • Herzrhythmusstörungen
  • Erhöhte Fettwerte im Blut (Störungen des Fettstoffwechsels)
  • Rauchen
  • Übermäßiger Alkoholkonsum
  • Übergewicht

WELCHE KRANKHEITSZEICHEN GIBT ES?

Das Hauptmerkmal der Demenz ist eine Verschlechterung mehrerer geistiger (kognitiver) Fähigkeiten im Vergleich zum früheren Zustand. Zu den betroffenen Fähigkeiten zählen neben dem Gedächtnis auch Aufmerksamkeit, Sprache, Auffassungsgabe, Denkvermögen und Orientierungssinn.

Meist treten zu den geistigen Einschränkungen auch Veränderungen im sozialen Verhalten, in der Impulskontrolle, im Antrieb, in der Stimmung oder im Bezug zur Wirklichkeit auf. Diese können manchmal sogar im Vordergrund stehen. Depressionen oder Gefühlszustände wie Angst und Unruhe können die geistigen Fähigkeiten zusätzlich verschlechtern.

Ausprägung der Symptome

Die Krankheitszeichen (Symptome) können unterschiedlich stark ausgeprägt sein – von leichten Veränderungen bis zum völligen Verlust der Selbständigkeit.

Auswirkungen auf die Alltagskompetenz

Eine Demenz beeinflusst die Alltagskompetenz, das heißt, gewohnte Tätigkeiten können nicht mehr wie früher ausgeführt werden, zum Beispiel:

  • Termine und finanzielle Angelegenheiten regeln
  • Mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen
  • Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte pflegen
  • Verkehrsmittel nutzen und einkaufen gehen
  • Telefonieren und Nachrichten verstehen
  • Sich anziehen, Essen zubereiten und Körperpflege durchführen

WIE IST DER VERLAUF EINER DEMENZKRANKHEIT?

Der Krankheitsverlauf ist immer sehr verschieden und lässt sich nicht vorhersagen.

Meist beginnt die Demenz schleichend mit kleinen Vergesslichkeiten. Betroffene verlegen Gegenstände und suchen beim Sprechen nach den richtigen Wörtern. Die Aufmerksamkeit ist eingeschränkt, und die Urteilsfähigkeit lässt nach. Die Betroffenen nehmen wahr, dass sie etwas vergessen oder sich nicht erinnern können, und reagieren je nach Persönlichkeit unterschiedlich: traurig, unsicher, ungehalten, resigniert oder sie versuchen, eine Fassade aufrechtzuerhalten.

Im weiteren Verlauf sind Gedächtnis und Denkvermögen so eingeschränkt, dass die Betroffenen auf fremde Hilfe angewiesen sind – auch bei alltäglichen Aufgaben wie Einkaufen, Kochen, Anziehen oder Körperpflege. Das Zeit- und Ortsgefühl geht verloren, die Sprache wird undeutlich. Auch die Erinnerung an zurückliegende Ereignisse verblasst. Die Erkrankung selbst wird irgendwann nicht mehr wahrgenommen, was für manche eine Erlösung sein kann. Manche Menschen mit Demenz beginnen, nach längst verstorbenen Angehörigen zu suchen oder wollen zur Arbeit gehen. Verhalten und Persönlichkeit verändern sich dabei stark.

Im Spätstadium sind Betroffene vollständig auf Pflege angewiesen. Viele können nicht mehr ohne Hilfe gehen oder aufstehen. Sie vergessen, wie man isst, und können Blasen- sowie Darmentleerung nicht mehr bewusst kontrollieren. Angehörige werden nicht mehr erkannt, und Gespräche fallen zunehmend schwer.

WELCHE BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN GIBT ES?

Nach derzeitigem Stand ist Demenz nicht heilbar.

Zu den Behandlungsmaßnahmen, die direkt auf die Demenz abzielen, ist eine allgemeine medizinische Grundversorgung sehr wichtig. Sie soll dafür sorgen, dass sich der körperliche Gesundheitszustand der Betroffenen nicht verschlechtert. Dazu gehört, dass Menschen mit Demenz keine Schmerzen haben, ausreichend Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen und Bewegungseinschränkungen vermieden werden.

Es gibt zwar Medikamente, die geistige (kognitive) Leistungen und Alltagsfähigkeiten unterstützen können. Diese wirken vor allem in frühen Krankheitsstadien, allerdings meist nur für begrenzte Zeit.

Auch nicht-medikamentöse Behandlungen können helfen, kognitive Leistungen und Alltagsfähigkeiten zu fördern, Verhaltensstörungen abzuschwächen und das Wohlbefinden zu verbessern. Dazu gehört beispielsweise Musiktherapie, die Erinnerungen weckt und Körper sowie Geist anregt. Über Melodien und rhythmische Bewegungen werden Fähigkeiten wieder aktiviert.

PFLEGERISCHES MOTTO

Nach dem Motto „Menschen mit Demenz haben immer recht“ lassen sich Dinge oft nicht mehr mit Argumenten erklären, da sie nicht mehr verstanden werden. Die Kunst besteht darin, die Betroffenen gedanklich dort abzuholen, wo sie sich in der aktuellen Situation befinden.

PFLEGE EINES MENSCHEN MIT DEMENZ

Der Umgang mit einem Menschen mit Demenz erfordert viel Ruhe, Verständnis und Einfühlungsvermögen. Hektik, Gedränge und Reizüberflutung führen schnell zu Überforderung. Auch auf wiederholtes Fragen sollte ruhig und freundlich reagiert werden, oder das Gespräch wird auf ein anderes, erfreuliches Thema gelenkt. Werden ständig Gegenstände wie Handtasche oder Geldbeutel versteckt, verloren und gesucht, kann darin ein Grundbedürfnis nach Ordnung gesehen werden. Hilfreich ist es, die suchende Person beim Suchen zu unterstützen und gegebenenfalls unbemerkt Dinge zurückzulegen. Auseinandersetzungen helfen niemandem und verursachen bei allen Beteiligten Unwohlsein und Ärger.

Menschen mit Demenz leben oft (noch oder wieder) in der Vergangenheit, wobei Gegenwart und Vergangenheit miteinander verschmelzen. Dies kann dazu führen, dass sie sich selbst im Spiegel nicht mehr erkennen oder sich anziehen, um zur Arbeit zu gehen. Hier kann es hilfreich sein, das Thema Arbeit aufzugreifen und wertschätzend zu formulieren, wie schön es ist, dass die Person so lange gearbeitet hat und dass ihr die Arbeit immer Spaß gemacht hat. Die Realität zu betonen, dass sie schon lange in Rente sind, führt eher zu Unverständnis und negativen Gefühlen, da Argumente nicht mehr verstanden werden.

Menschen mit beginnender und fortgeschrittener Demenz möchten meist kein isoliertes Leben führen. Daher ist es sinnvoll, sie in Alltagsaktivitäten wie Betten machen, Wäsche falten, Salat zupfen oder Abstauben einzubeziehen. Dabei sollten sie begleitet werden, die Tätigkeiten erklärt und praktisch vorgemacht werden. Die Freude am Tun ist dabei wichtiger als die korrekte Ausführung.

Die Orientierung an der Lebensgeschichte und Biografie hilft, Vorlieben, Gewohnheiten, Hobbys, Beruf und andere wichtige Aspekte zu erfahren. Dieses Wissen kann genutzt werden, um den Betroffenen Sicherheit zu vermitteln. Oft lohnt es sich, auch andere Angehörige, Freunde oder Bekannte nach diesen Informationen zu fragen. Kindheits- und Jugenderinnerungen werden besonders durch gemeinsames Anschauen von Fotos geweckt. Vorlesen, gemeinsames Backen sowie das Riechen und Essen von beispielsweise Pflaumenkuchen aktivieren Sinne und Erinnerungen.

Musik hören und selbst musizieren bereiten Menschen mit Demenz häufig viel Freude. Auch gemeinsames Singen ist geeignet, da Musik auf vielen Ebenen im Gehirn gespeichert bleibt.

Bewegungsdrang kann durch Spaziergänge, kleine Ausflüge, Ballspielen, Tanzen oder Kegeln ausgelebt werden. Auch leichte Gesellschaftsspiele mit vereinfachten Regeln sind gut geeignet. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, die Betroffenen nicht zu überfordern; Spiele wie Memory sind beispielsweise ungeeignet.

Gemeinsames Essen vermittelt Menschen mit Demenz ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Dabei sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Die Essensmenge kontrollieren, da sowohl fehlendes Sättigungsgefühl als auch fehlender Appetit auftreten können
  • Zum Trinken motivieren und das gemeinsame Trinken unterstützen
  • Bei der zeitlichen Orientierung helfen, um regelmäßige Mahlzeiten zu fördern
  • Fingerfood anbieten und gemeinsam essen, um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern

Veränderungen in der Kommunikation bei Demenz

Demenz beeinträchtigt die Kommunikation stark. Betroffene haben oft Wortfindungsstörungen, vergessen, was sie sagen wollten, und folgen Gesprächen immer schwerer. Dadurch ziehen sie sich häufig zurück und sprechen weniger.

Tipps für die Kommunikation mit Menschen mit Demenz

  • Einfache, kurze Sätze verwenden
  • Pausen machen und Zeit zur Reaktion geben
  • Freundlichen Tonfall bewahren
  • Nah herangehen und bei Bedarf berühren
  • Blickkontakt halten
  • Mehrere Sinne ansprechen, z. B. durch Fotos und Erzählen
  • „Quizfragen“ vermeiden, z. B. statt „Wie alt bist du?“ lieber „Du bist jetzt 70 Jahre alt.“
  • W-Fragen vermeiden, stattdessen Aussagen nutzen, z. B. „Du gehst zweimal die Woche in die Tagespflege.“
  • Ja/Nein-Fragen stellen
  • Stichworte geben, z. B. „Du liest doch gerne, stimmt’s?“

Auf Gefühle achten

Wichtig ist, die Gefühle hinter den Äußerungen zu erkennen und darauf einzugehen. Wertschätzung, Würde und Unterstützung sind dabei entscheidend.

Zuwendung und Berührung

  • Eine Umarmung oder das Halten der Hände kann das Gefühl vermitteln, wichtig und geliebt zu sein.

Geborgenheit und Wohlbefinden

  • Vertraute Gegenstände wie Decken, Dosen, Bilder oder Kleidung schaffen Sicherheit.
  • Nähe zur Natur, z. B. im Garten, wirkt beruhigend.
  • Eine angenehme, vertraute Atmosphäre hilft – sei es durch geteilte Stille oder Musik.

Teilnahme am gesellschaftlichen und sozialen Leben

  • Besuch und gemeinsame Ausflüge, etwa zum Wochenmarkt oder ins Museum, fördern die Teilhabe.
  • Tagesstruktur und feste Routinen geben Orientierung und Sicherheit.

Kontakt zu Tieren ermöglichen

  • Der Umgang mit Tieren kann Trost spenden und Freude bereiten.

UNTERSTÜTZUNG UND ENTLASTUNG FÜR ANGEHÖRIGE VON MENSCHEN MIT DEMENZ

Entlastung für Angehörige von Menschen mit Demenz

Pflegende Angehörige sollten auf ihre eigene Gesundheit achten und rechtzeitig Unterstützung suchen. Folgende Punkte können dabei helfen:

  • Informationen über Demenz einholen, um die Krankheit besser zu verstehen
  • Die Erkrankung akzeptieren und realistisch damit umgehen
  • Professionelle Unterstützung nutzen, z. B. Sozialstationen, Tagespflege oder Verhinderungspflege
  • Ehrenamtliche Besuchsdienste und familiäre Hilfe in Anspruch nehmen
  • Eigene Freizeit und soziale Kontakte pflegen
  • Bewegung und Sport als Ausgleich einplanen
  • Gesprächsgruppen oder Selbsthilfeangebote besuchen
  • Unterstützung aktiv anfragen, statt auf Angebote zu warten
  • Pausen und Freiräume bewusst einplanen

Auch wenn Demenz eine herausfordernde Erkrankung ist, können durch verständnisvolle Begleitung und gezielte Unterstützung weiterhin wertvolle Momente erlebt werden, die die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen erhalten und fördern.