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Gesundheitskasse am 16.10.2024 11:17 bereitgestellt.
Der Begriff Dekubitus leitet sich vom lateinischen Wort „decubare“ ab und bedeutet „liegen“ oder „daniederliegen“. Manchmal werden auch die Begriff Druckstelle oder Druckgeschwür benutzt. Im Volksmund wird auch vom „Wundliegen“ gesprochen. Mit Dekubitus ist eine Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes gemeint. Die Schädigung wird durch hohen und langanhaltenden Druck auf die Haut, meist an besonders druckgefährdeten Stellen, verursacht. In der Regel ist bei der Entstehung von Druckstellen oder Druckgeschwüren besonders das Gewebe über Knochen und knöchernen Vorsprüngen betroffen.
WIE ENTSTEHT EIN DEKUBITUS?
Hauptursache für die Entstehung eines Dekubitus ist die lange und starke Einwirkung von Druck auf die Haut, unter der ein Knochen liegt. Durch die Druckeinwirkung werden kleinste Blutgefäße zusammengepresst, so dass der Zellstoffwechsel des betroffenen Gewebes nicht mehr bzw. nur unzureichend mit Nährstoffen versorgt wird. Darüber hinaus können Abbauprodukte nicht abtransportiert werden. Die räumlich begrenzte Minderdurchblutung wird auch als „lokale Ischämie“ bezeichnet. Dauert die Minderdurchblutung länger an, sterben die betroffenen Zellen der Haut und des Gewebes darunter, bis zu den Muskeln, durch Sauerstoffmangel ab (Nekrose). Je nach Ausmaß des Gewebeschadens gibt es eine Einteilung in verschiedene Dekubitus-Stadien.
Die Entstehung eines Dekubitus wird von folgenden Hauptfaktoren begünstigt:
Eingeschränkte oder fehlende Bewegung (Mobilität) und Aktivität
Gestörte Wahrnehmung von Reizen, z. B. Druckempfindung
Stärke des Drucks auf gefährdete Stellen
Zeit, in welcher die gefährdeten Stellen dem Druck ausgesetzt sind
Schub- und Scherkräfte, welche die übereinanderliegenden Haut- und Unterhautschichten gegenseitig verschieben
Individuelle Risikofaktoren (z. B. Ernährungszustand, Inkontinenz)
Die Entstehung eines Dekubitus wird von folgenden äußeren Faktoren begünstigt:
Falten im Bettlaken
Gegenstände, die im Bett liegen (z.B. Fernbedienungen, Schutzkappen von Kanülen)
Katheter, Sonden oder Schläuche, auf denen der Betroffene liegt
zu fest sitzende Verbände oder Gipsverbände
ungepolsterte Lagerungsschienen
Die Entstehung eines Dekubitus wird von folgenden inneren Faktoren begünstigt:
Bewegungseinschränkung
Empfindungsstörungen (reduziertes Schmerzempfinden) oder Lähmungen
Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), da Schädigungen der Nerven und dadurch Empfindungsstörungen bestehen
reduzierter oder schlechter Ernährungszustand
Unter- oder Übergewicht
Bewusstseinsstörung, da Minderungen von Druckempfinden und Schmerz besteht
Hautveränderungen, weil Hautschutz und Neubildung von Zellen nicht mehr funktioniert
Je länger der Druck stattfindet, umso länger ist die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der betroffenen Zellen unterbrochen. Die Zellen können sich weniger gut erneuern (regenerieren). Der Druckschaden geht dann immer tiefer: über die Haut, die Unterhaut, bis zu den Muskeln oder Knochen. Das passiert noch schneller, wenn die Haut bereits geschädigt ist oder andere Risikofaktoren vorliegen.
Schub- und Scherkräfte sind Kräfte, die parallel zum Gewebe wirken. Sie entstehen, wenn zwei Kräfte in entgegengesetzter Richtung wirken. Schub- und Scherkräfte wirken besonders in sitzender oder halbsitzender Position des Betroffenen.
Zum Bespiel rutscht der Körper in sitzender Position zum Bettende, der Großteil des Körpers (d.h. Rücken und Gesäß) bleibt jedoch auf der Matratze zurück. Folglich verschieben sich die einzelnen Hautschichten gegeneinander und es kommt durch Zug- und Druckbelastung zur Minderdurchblutung des betroffenen Gewebes.
Schub- und Scherkräfte können auch während eines Lagewechsels entstehen. Achten Sie als pflegender Angehöriger besonders beim Lagewechsel darauf.
WELCHE BESONDERS GEFÄHRDETEN KÖRPERSTELLEN GIBT ES?
Es gibt besonders gefährdete Körperstellen, an denen sich vorzugsweise Druckstellen oder Druckgeschwüre entwickeln können. Häufig sind die aufliegenden Körperstellen betroffen, welche sich über Knochen und knöchernen Vorsprüngen befinden.
Hinterkopf, Schulterblätter, Ellenbogen, Wirbel, Kreuzbein und Fersen
Stirn, Wangenknochen, Schultergelenke, Brustbein, Rippen, Ellenbogen, Hüftknochen, Kniescheibe und Fußspitzen
Ohrmuschel, Wangenknochen, Schultergelenke, Rippen, Ellenbogen, Hüfte, Kniegelenk, Wadenbein und Fußknöchel
Hinterkopf, Schulterblatt, Wirbel, Ellenbogen, Steißbein und Fersen
WELCHE STADIEN GIBT ES?
Je nach Ausmaß des Gewebeschadens gibt es eine Einteilung in verschiedene Dekubitus-Stadien.
1. Stadium: Nicht wegdrückbare Hautrötung
Wird die gerötete Hautstelle beim Eindrücken nicht weiß, liegt ein Dekubitus Stadium I vor. Diese Rötung liegt bei intakter Haut meist über Knochen oder Knochenvorsprüngen. Symptome wie Kribbeln, Brennen und Schmerzen der betreffenden Hautstelle können vorliegen. Bei fehlender Wahrnehmung von Reizen (Sensorik) werden diese aber nicht empfunden. Hinweis: Bei dunkelhäutigen Betroffenen sind Hautverfärbungen, Überwärmung, Schwellung oder Verhärtung als Erkennungsmerkmale möglich
2. Stadium: Teilverlust der Haut
Es liegt ein Teilverlust der Haut mit Schädigung der Oberhaut und/oder Lederhaut vor. Dabei handelt es sich um eine flache, offene Wunde mit hellrotem Wundbett und sichtbaren Hautschäden wie Blasen, Hautabschürfungen oder flache Geschwüre. Dies wird auch als oberflächliches Druckgeschwür bezeichnet und ist häufig verbunden mit extremen Schmerzen.
3. Stadium: Verlust aller Hautschichten mit Schädigung der Oberhaut
Alle Hautschichten sind zerstört. Es liegt ein tiefes, offenes Geschwür mit hellblauer bis schwarzer Färbung vor, bei dem das Unterhautgewebe abgestorben ist. Bänder, Sehnen und Muskeln sind sichtbar. Es kommt zur Beeinträchtigung des allgemeinen Befindens des Betroffenen und es besteht eine hohe Infektionsgefahr.
4. Stadium: Vollständiger Haut- oder Gewebeverlust
Es liegen eine ausgedehnte Zerstörung der Haut und ein kompletter Gewebeverlust vor. Gekennzeichnet ist der Dekubitus weiterhin durch ein tiefes, eitriges Geschwür, verbunden mit starken Schmerzen, evtl. Fieber. Wundbeläge oder Schorf sind meist sichtbar. Es ist bereits zur Schädigung von Muskeln, Knochen und/oder stützenden Strukturen (z.B. Gelenkkapseln, Sehnen) gekommen. Achtung: Gefahr von Blutvergiftungen oder Knochenentzündungen.
WELCHE MÖGLICHKEITEN GIBT ES EINEN DEKUBITUS FRÜHZEITIG FESTZUSTELLEN?
Beobachten Sie regelmäßig die druckgefährdeten Hautstellen. Die gefährdeten Stellen befinden sich zumeist über den Knochenvorsprüngen. Haben Sie eine gerötete Hautstelle entdeckt, führen Sie den so genannten Fingertest durch:
1. Schritt Drücken Sie als Angehöriger mit einem Finger in die gerötete Hautstelle des Betroffenen.
2. Schritt Ziehen Sie Ihren Finger wieder weg und beobachten Sie die betroffene Hautstelle.
3. Schritt Färbt sich die eingedrückte Hautstelle unter Druck „weiß“, liegt kein Druckgeschwür vor.
4. Schritt Bleibt die betroffene Hautstelle unter Druck „rot“, liegt möglicherweise ein Dekubitus im Stadium I vor. Die Hautstelle darf auf keinem Fall weiterem Druck ausgesetzt werden. Das heißt, der Betroffene darf die entsprechende Hautstelle nicht mehr belasten.
Wenn Sie nach einem positiven Fingertest den Verdacht auf ein beginnendes Druckgeschwür haben, entlasten Sie die betroffene Stelle ab sofort und beobachten Sie sie weiter. Berichten Sie beim nächsten Besuch Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt oder Ihrer Pflegefachperson von Ihrem Verdacht.
PFLEGE ZUR VORBEUGUNG EINES DEKUBITUS
Die nachfolgenden Ausführungen stellen wertvolle Informationen in Hinblick auf Vorbeugung (Prävention) und Pflege eines Druckgeschwürs bereit.
Jede noch so kleine Bewegung tut gut und kann bei Betroffenen eine Druckentlastung bewirken. Eine Entlastung durch Bewegung oder Umlagerung kann die Entstehung eines Druckgeschwürs vermeiden.
Körperliche Bewegung spielt eine wichtige Rolle, um die Entstehung eines Druckgeschwürs zu vermeiden. Fördern oder erhalten Sie daher die Bewegungsfähigkeit. Bleiben oder werden Sie aktiv!
Aktive oder passive Bewegung ist eine wichtige Maßnahme zur Vorbeugung eines Druckgeschwürs. Generell gilt, dass die aktive Eigenbewegung des Betroffenen gefördert werden soll. Kann der Betroffene die gefährdeten Körperteile nicht alleine bewegen, sollten Sie als Angehöriger helfen die gefährdeten Stellen in individuellen Abständen vom Druck zu entlasten z.B. durch einen aktiven oder passiven Positionswechsel.
Kleine Bewegungen: Eingeschränkte Bewegung oder absolute Bewegungslosigkeit sind wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung eines Druckgeschwürs. Versuchen Sie als Betroffener sich so häufig wie möglich zu bewegen. Zum Beispiel können Sie im Liegen kleine Übungen mit Ihren Armen und Beinen machen. Anregungen dafür bekommen Sie von Ihren Physiotherapeuten, Pflegekräften oder vom ambulanten Pflegedienst. Die so genannten kleinen Mikrobewegungen bewirken zwar eine deutlich geringere Druckentlastung als großen Bewegungen, sie unterstützen dennoch, da sie die Druckstärke auf die gefährdeten Stellen reduzieren.
Mobilisation heißt, den Betroffenen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, möglichst häufig in eine andere Position zu bringen. Verändern Sie selbst oder durch Ihren pflegenden Angehörigen, regelmäßig die Liege- oder Sitzposition. Beispielsweise wird beim Sitzen sehr hoher Druck auf die Sitzbeinhöcker ausgeübt. Achten Sie daher darauf, dass die passive Sitzposition nicht zu lange anhält. Zu langes Sitzen birgt die Gefahr, dass sich beim Betroffenen Druckstellen bilden. Regelmäßige Mobilisation des Betroffenen ist die Grundvoraussetzung zur Vermeidung von Druckstellen und Druckgeschwüren.
Regelmäßiger Positionswechsel: Ist der Betroffene in seiner Bewegungsfähigkeit so stark eingeschränkt, dass er nicht mehr selbstständig einen Positions-/Lagerungswechsel durchführen kann, unterstützen Sie als Angehöriger möglichst. Dafür bietet sich der Wechsel zwischen Liegen und Sitzen an. Zum Beispiel können Sie den Betroffenen für kurze Zeit an den Bettrand oder in einen Sessel setzen. Durch eine aufrechte Position wird zum einen der Kreislauf des Betroffen angeregt, zum anderen werden Druckstellen durch zu langes Verharren in der gleichen Liegeposition vermieden. Führen Sie als pflegender Angehöriger regelmäßig einen Lagerungswechsel mit dem Betroffenen durch.
Sorgfältiges Betten: Wie man sich bettet so schläft man. Das trifft auch für Betroffene mit einem Dekubitusrisiko zu. Betten Sie sich als Betroffener daher stets sorgfältig. Vermeiden Sie z. B. Falten im Bettlaken, Krümel oder andere Fremdkörper im Bett. Durch sorgfältiges Betten kann die Gefahr von Druckstellen reduziert werden. Sind Ihr Empfinden und Ihre Mobilität eingeschränkt, bitten Sie einen Angehörigen z. B. das Laken zu straffen und mögliche Fremdkörper aus dem Bett zu entfernen. Schlafen Sie nicht auf Ihrer Brille oder Ihrem Hörgerät ein.
Im Rahmen der Dekubitusprophylaxe spielt die Hautpflege eine besondere Rolle.
Regelmäßige Hautkontrolle: Überprüfen Sie regelmäßig den Hautzustand. Achten Sie dabei besonders auf die druckgefährdeten Hautstellen. Sind Rötungen oder andere Veränderungen zu erkennen, weisen Sie zeitnah Ihre Ärztin/Ihren Arzt darauf hin.
Besondere Pflege im Alter: Die Haut von älteren Menschen bedarf einer besonderen Pflege. Grund dafür ist, dass sich nicht mehr ausreichend Schutzstoffe bilden und sie den Säureschutzmantel nicht aufrechterhalten kann. Pflegen Sie Ihre Haut im Alter daher besonders gründlich und sorgfältig.
Körperpflege: Führen Sie die Körperpflege besonders gründlich und sorgfältig durch. Achten Sie darauf, dass Sie für die Pflege und insbesondere die intime Körperpflege milde und pH-optimierte Waschzusätze benutzen. Durch die Verwendung von milden Zusätzen vermeiden Sie eine unnötige Reizung der Haut. Trocknen Sie die Haut nach dem Waschen gut ab. Hinweis: Die druckgeschwürgefährdeten Hautstellen sollten nicht mit Massagen, Kälte-Wärmebehandlungen oder Einreibungen mit durchblutungsfördernden Zusätzen behandelt werden.
Zu trockene Haut erhöht das Risiko zum Wundliegen. Grund dafür ist, dass trockene Haut tendenziell mehr Reibungen ausgesetzt ist als elastische und feuchte Haut. Pflegen Sie die Haut daher ganz besonders. Empfehlenswert sind Cremes und Lotionen zum Einfetten der Haut.
Zu feuchte Haut: Feuchte Haut kann bei Betroffenen durch vermehrte Schweißproduktion, durch starkes Schwitzen oder Stuhl- oder Urininkontinenz entstehen. Achten Sie auch bei feuchter Haut auf die Pflege besonders gefährdeter Hautstellen. Besonders in Hautfalten und im Intimbereich besteht die Gefahr einer Hautaufweichung.
Fetten und Cremen: Eincremen fettet die Haut und fördert gleichzeitig die Durchblutung. Das Rückfetten der Haut durch Cremes oder Lotionen ist insbesondere nach dem Waschen wichtig, damit die Haut nicht austrocknet. Achten Sie darauf, dass die Creme gut eingezogen ist, damit keine feuchten Kammern zwischen Haut und z.B. dem Bettlaken entstehen.
Inkontinenzpflege: Liegt beim Betroffenen eine Inkontinenz vor, zum Beispiel eine Urin- oder Stuhlinkontinenz, bedarf es einer besonderen Pflege. Benutzen Sie so wenig Inkontinenzartikel wie möglich und so viel wie nötig. Unnötige Inkontinenzartikel können Wärme und Feuchtigkeit stauen.
Eine ausgewogene Ernährung fördert die Gesundheit und das Wohlbefinden. Darüber hinaus kann eine gesunde Ernährung zur Vorbeugung eines Druckgeschwürs beitragen.
Der Einsatz von Hilfsmitteln kann bei einem Dekubitusrisiko oder bestehendem Dekubitus hilfreich sein. In diesem Sinne geben wir Ihnen ein paar wichtige Hinweise zur Auswahl und zum Einsatz von Hilfsmitteln.
Antidekubitus-Hilfsmittel dienen zum einen dazu, die Entstehung eines Druckgeschwürs zu vermeiden. Zum anderen unterstützen sie bei einem bestehenden Druckgeschwür den Zustand beizubehalten bzw. diesen nicht zu verschlechtern.
Lagerungshilfsmittel sollen den Druck reduzieren/vermeiden, mit dem der Körper des Betroffenen aufliegt. Außerdem werden Reibungs- und Scherkräfte vermindert. Bestehende Hautfeuchtigkeit und Schmerzen beim Liegen können durch den Einsatz bestimmter Lagerungshilfsmittel ebenfalls verringert werden. Die Auswahl eines Hilfsmittels sollte genau auf den Betroffenen abgestimmt sein. Das individuelle Dekubitusrisiko, das Körpergewicht, die momentane Beweglichkeit und vorliegende Erkrankungen des Betroffenen spielen dabei eine Rolle. Lassen Sie sich eingehend beraten. Die Kosten für notwendige Hilfsmittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn diese im Hilfsmittelverzeichnis enthalten sind und von Ärztin/Arzt verordnet werden.
HINWEISE
Diese Ausführungen ersetzen nicht den Besuch bei Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.