HINWEIS ZUR UMLEITUNG

VORBEU­GENDE MASS­NAHMEN

Die Prophylaxen: Folgeerkrankungen vermeiden

Die prophylaktischen Maßnahmen zu kennen, zu lernen und richtig anzuwenden, ist in jeder professionellen Krankenpflegeausbildung ein zentrales Thema. Auch bei der Pflege eines Angehörigen in der Häuslichkeit kommt ihnen eine wichtige Rolle zu. Daher soll im Folgenden näher darauf eingegangen werden, wie Dekubitus, Pneumonie, Kontraktur und Thrombose verhindert werden können.

EINTRÄGE

Soor- und Parotitis-Prophylaxe

Dekubitus

Pneumonie (Lungenentzündung)

Kontraktur

Thrombose

Sturzprävention

SOOR- UND PAROTITIS-PROPHY­LAXE

Der Soor ist eine Pilzerkrankung im Mund, die über den Rachen und die Speiseröhre den gesamten Magen und Darm befallen kann. Bei der Parotitis ist die Parotis (Ohrspeicheldrüse) entzündet. Dies ist sehr schmerzhaft!

URSACHEN

Geringe oder keine orale Nahrungszufuhr bzw. geringe oder fehlende Kautätigkeit führen zu geringem oder fehlendem Speichelfluss.

RISIKOGRUPPE

  • bewusstlose Menschen
  • Menschen mit Schluckstörungen (z. B. nach Schlaganfall)

ERKENNUNGSZEICHEN

  • trockener Mund mit Borkenbildung
  • Schmerzen in der Wange in Ohrhöhe/ggf. Fieber
  • Mundgeruch

VORBEUGENDE MASSNAHMEN

  • regelmäßige Mundpflege: Nach den Mahlzeiten ist das Gebiss herauszunehmen und der Mund auszuspülen
  • Anregung des Speichelflusses durch „Saures“
  • ggf. Benutzen von „Speichelersatz“ (fertige Lösung aus der Apotheke)
  • Lippenpflege nicht vergessen (Dexpanthenol-haltige Augen- und Nasensalbe o. ä.)

DEKUBITUS

Ein Dekubitus ist ein Druckgeschwür. Er entsteht dort, wo Knochen unmittelbar unter der Haut liegen. Im Volksmund wird oft vom „Wundliegen“ gesprochen.

URSACHEN

Aufgrund des anhaltenden Drucks auf das Gewebe wird dieses nicht mehr durchblutet und es entsteht ein Hautdefekt. Wenn ein Mensch nicht regelmäßig (ca. alle 2 Stunden, mit einer speziellen Anti-Dekubitus-Matraze ca. alle 4 Stunden) gelagert wird und es so zur Druckentlastung kommt, kann so ein Druckgeschwür entstehen.

RISIKOGRUPPEN UND -FAKTOREN

  • alte und schwache Menschen
  • bettlägerige Menschen
  • bei Inkontinenz
  • bei Über- und Untergewicht
  • bei Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen
  • bei Bewegungsarmut aufgrund von Lähmungen, Schmerzen oder Schwächen
  • bei Sensibilitätsstörungen

GEFÄHRDETE STELLEN

Überall dort, wo Knochen oberflächlich unterhalb der Haut fühlbar sind, wie z. B. an

  • Steiß
  • Oberschenkelknochen
  • Hüftknochen
  • Ferse
  • Außenknöchel
  • Ellbogen
  • Hinterkopf
  • Schulter
  • Schulterblättern
  • Ohren

ERKENNUNGSZEICHEN

  • gerötete Haut (d. h., kurz vorher muss sie weiß, d. h. blutleer, gewesen sein!)
  • Blasenbildung mit Ablösung feiner Hautschichten 
  • Hautdefekt (offene Hautstelle, die später schwarz werden und sich entzünden kann)

VORBEUGENDE MASSNAHMEN

  • Mobilisation, d. h., den zu Pflegenden möglichst häufig aus dem Bett holen
  • Druckentlastung besonders gefährdeter Körperstellen (Lagerungswechsel alle 2 - 4 Stunden)  durch Umlagern, Weichlagern, Hohllagern (Lagerung mit Hilfsmitteln)
  • gründliche und sorgfältige Körperpflege (gut abtrocknen)
  • Hautpflege (Rückfettung der Haut nach dem Waschen durch Eincremen)
  • sorgfältiges Betten (keine Falten durch das Laken, Krümel vermeiden)
  • Durchblutung fördern: eincremen, umlagern
  • gesunde Ernährung: reichliches Angebot an Flüssigkeit, Vitaminen und Mineralien

PNEUMONIE (LUNGEN­ENTZÜNDUNG)

Schematische Darstellung einer Lappenpneumonie (links) und einer Bronchopneumonie (rechts)
Schematische Darstellung einer Lappenpneumonie (links) und einer Bronchopneumonie (rechts), Foto: Eigene Darstellung

Bei der Lungenentzündung haben Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze) das Lungengewebe befallen und führen hier zu einer Entzündung. Eine Pneumonie (Lungenentzündung) entsteht, wenn das Lungengewebe durch einen schädigenden Einfluss angegriffen wird. Es gibt ganz unterschiedliche Ursachen. Besonders häufig wird eine Lungenentzündung durch Bakterien und Viren aus der Atemluft verursacht. Sie werden als infektiöse Pneumonien bezeichnet und meistens durch eine Bakterienart, die Pneumokokken, ausgelöst. Bei kleinen Kindern und im Alter ist auch das Bakterium Haemophilus influenzae ein häufiger Auslöser. In bestimmten Fällen, zum Beispiel bei einer im Krankenhaus erworbenen Lungenentzündung, spielen Problemkeime - wie Coli-Bakterien und Antibiotika-unempfindliche Erreger - eine entscheidende Rolle.

RISIKOGRUPPEN UND -FAKTOREN

  • alte und schwache Menschen
  • bei Bettlägerigkeit
  • bei Bewegungsarmut
  • bei Rauchern
  • bei mangelndem Abhusten
  • bei oberflächlicher Atmung
  • bei falscher Lagerung

ERKENNUNGSZEICHEN

  • deutliche Verschlechterung des Allgemeinbefindens (schlapp, müde, matt)
  • flache, schnellere Atmung
  • Temperaturanstieg (nicht immer!)
  • Puls wird schneller
  • Kopfschmerzen
  • Brust- oder Rückenschmerzen
  • zunächst trockener, später schleimiger Husten

VORBEUGENDE MASSNAHMEN

  • Mobilisation
  • zu tiefem Durchatmen anregen
  • Oberkörper hoch lagern
  • Patienten abhusten lassen
  • Brust und Rücken einreiben (mit Menthol-, Minze- und Kampferhaltigen Cremes)
  • Lagerungswechsel
  • für frische Luft sorgen, d. h., mindestens 2 x täglich die Fenster ganz öffnen
  • in den Wintermonaten eine Schüssel mit Wasser auf die Heizung stellen
  • Lachen und Singen mit dem zu Pflegenden, so oft es geht!

KONTRAKTUR

Eine Kontraktur ist eine Gelenkversteifung bzw. eine Schrumpfung von Muskeln und Sehnen. Es können alle Gelenke betroffen sein (sehr häufig Schultergelenk!).

URSACHEN

  • mangelnde Bewegungen aufgrund von Schmerzen, Gipsverband, Lähmungen u. a.

RISIKOGRUPPEN

  • gelähmte Menschen (z. B. nach Schlaganfall)
  • schwache und alte Menschen
  • Menschen mit Gips

ERKENNUNGSZEICHEN

  • Schmerzen beim Bewegen von Gelenken
  • Zwangshaltungen/Schonhaltungen

VORBEUGENDE MASSNAHMEN

  • allgemeine Mobilisation
  • Bewegung (aktiv und passiv), regelmäßige Krankengymnastik
  • richtige Lagerung (mittlere Funktionsstellung)
  • Einsatz von Lagerungskissen zur Verhinderung des Spitzfußes u. a.

Bitte beachten: Zwangsstellungen sind niemals mit Gewalt zu beheben!

THROM­BOSE

Bei der Thrombose hat sich in den Blutgefäßen ein Gerinsel gebildet, das eine weitere Durchblutung, meist an den Beinen und im Oberschenkel, verhindert.

RISIKOGRUPPEN UND -FAKTOREN

  • Bettlägerigkeit
  • Krampfadern
  • Lähmungen
  • Herz- und Kreislauferkrankungen
  • gesteigerte Blutgerinnung:
    • nach Operationen
    • Schwangerschaft
    • Entbindung
    • Krebserkrankung
    • bei Einnahme von bestimmten Medikamenten
    • Rauchen

ERKENNUNGSZEICHEN

  • Gefühl der Schwere im betroffenen Bein
  • plötzliche oder krampfartige Schmerzen im betroffenen Bein
  • Schwellung und Rötung des Beines
  • Überwärmung

VORBEUGENDE MASSNAHMEN

  • Motivation zu maßvollen und individuellen Bewegungsübungen
  • Bewegungsübungen im Bett
  • leichte Hochlagerung der Beine
  • Stützverband/Kompressionsstrümpfe anziehen (vor dem Aufstehen!)
  • Medikamente/Blutverdünnungsmittel, z. B. Heparin

STURZ­PRÄVENTION

STURZPROPHYLAXE

Stürze erleiden wir in allen Lebensphasen. Ältere Menschen stürzen jedoch nicht nur häufiger, sondern auch anders als junge Menschen. Ursachen hierfür sind altersbedingte Funktionseinschränkungen und vielfache Erkrankungen. Stürze können einen schwerwiegenden Einschnitt in die bisherige Lebensführung bedeuten. Eine selbständige Lebensführung kann dadurch gefährdet sein und evtl. zugezogene Wunden oder Frakturen schränken den Bewegungsradius ein.

Als psychische Folge des Sturzes entwickeln ältere Menschen oft eine große Angst vor weiteren Stürzen. Diese Angst führt bei Betroffenen häufig zur Einschränkung der Bewegungsaktivitäten und ihrem Mobilitätsverhalten. Dadurch wird das Sturzrisiko aber nicht vermieden, sondern daraus entwicklen sich ggf. depressive Tendenzen oder Vereinsamung.

Bei der Sturzprävention geht es darum, das individuelle Risiko zu vermeiden und die Mobilität zu erhalten. Zuerst muss das individuelle Risiko ermittelt werden, um entsprechende Präventionsmaßnahmen festzulegen.

Man unterscheidet dabei zwei Gruppen von Risikofaktoren.

DIE „INNEREN“ FAKTOREN

  • Probleme mit der Körperbalance, Gleichgewicht (Schwindel)
  • Gangveränderungen, eingeschränkte Bewegungsfähigkeit
  • Erkrankungen mit veränderter Mobilität, Motorik, Sensibilität (z. B. Multiple Sklerose)
  • Parkinson´sche Erkrankung (besonders Gangbild)
  • Schlaganfall (durch evtl. Lähmungserscheinungen)
  • Erkrankungen des Nervensystems
  • Arthrose (chronische, schmerzhafte Gelenkveränderung)
  • Krebserkrankungen (Kraftminderungen)
  • chronische Erkrankungen
  • schlechter Allgemeinzustand
  • Sehbeeinträchtigungen (reduzierte Kontrastwahrnehmung, reduzierte Sehschärfe, ungeeignete Brillen)
  • Beeinträchtigung der Kognition und Stimmung (Demenz, Depression, Delir)
  • Erkrankungen, die zu einer Ohnmacht führen können (Hypoglykämie - zu niedriger Blutzuckerwert, Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen, Durchblutungsstörung im Gehirn, Epilepsie)
  • Ausscheidungsverhalten (Nykturie, Inkontinenz, Probleme beim Toilettengang)
  • Post-Fall-Syndrom (Sturzangst)
  • Sturzvorgeschichte
  • die Einnahme von Medikamenten (zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen, Psychopharmaka, Schlaf- und Beruhigungsmittel)
  • die Einnahme von Suchtmitteln (z. B. Drogen)

DIE „ÄUSSEREN“ FAKTOREN

  • Verwendung von Hilfsmitteln/Unsicherheiten im Umgang mit Hilfsmitteln (Gehhilfen, Rollstühle, Bettgitter)
  • Kleidung (zu lange Kleidung, schlecht sitzende Schuhe und/oder Socken)
  • Gefahren in der direkten Umgebung
    • Lichtverhältnisse (zu dunkel, blendend)
    • Stolperfallen, wie umherliegende Kabel
    • schlecht erkennbare Stufen
    • nasse Fußböden
    • glatte Fußböden (Fliesen, blank gebohnert)
    • ausgetretene oder rissige Fußbodenbeläge
    • Türschwellen und -schienen
    • Treppen (zu steil, Treppenschienen)
    • Teppiche
    • offene Türen und Fenster
    • Veränderungen im Bewohnerzimmer (umherliegende Dinge)
    • schlecht angepasste Fahrstuhlkörbe
    • Haustiere
  • Gefahren in der weiteren Umgebung
    • unebene Gehwege und Straßen
    • mangelnde Sicherheitsausstattung (Haltemöglichkeiten)
    • Beleuchtung
    • Witterung (Glatteis, Sturm, Schnee)
    • Bordsteine

MÖGLICHE MASSNAHMEN ZUR PRÄVENTION

  • Aufklärung des Betroffenen
  • Motivation zur Bewegung, Gehübungen in Begleitung (ggf. mit Gehhilfe)
  • Mobilisation, Kraft-, Gleichgewichtstraining (ggf. Einsatz von Physiotherapie)
  • „Sturztraining“ – Anleitung zum Verhalten bei Schwindel etc.
  • Anpassung der Lichverhältnisse (Einsatz von Bewegungsmeldern, Nachtlicht)
  • Betthöhe einstellen (niedrige Falltiefe, Matratze vor das Bett legen)
  • Beseitigung von Stolperfallen (Teppiche, Läufer entfernen)
  • ausreichend Platz schaffen
  • farbliche Markierung von Stufen, Schwellen (kräftige Farben verwenden, die sich abheben)
  • Stuhl neben dem Bett zur Erleichterung des Aufstehens positionieren
  • Polsterung von Hüftknochen (Hüftprotektoren, z. B. bei Osteoporose)
  • Ellenbogen-, Knieschutz, Helm
  • erreichbare Rufanlage (Glocke, Babyfon o. ä.)
  • erreichbare Lichtschalter
  • Bremsen an Nachttischen, Betten, Rollstühlen, WC-Stühlen, Badewannenlift, Duschstuhl, Wannenhilfen
  • Haltegriffe (farblich abgehoben)
  • festes Schuhwerk, Anti-Rutsch-Kralle oder Gleitschutz (Schuhe)
  • Anti-Rutsch-Kralle (Gehstöcke)
  • Eiskralle für Gehstöcke

Alle notwendigen Maßnahmen sollten dazu führen, Mobilität zu fördern und zu erhalten sowie die Selbstbestimmung des Betroffenen nicht negativ einzuschränken!